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Die Fertigungslücke: Warum Industriegiganten zu Softwareunternehmen werden

Eine Person steht in einem Serverraum, arbeitet an einem Laptop und prüft dabei Netzwerkkabel und Geräte hinter Glas.

Die Industrie steht vor einer „Commodity-Falle“. Die Margen im Hardwarebereich schrumpfen, der globale Wettbewerb verschärft sich und das traditionelle Geschäftsmodell „Produzieren, Verkaufen, Ausliefern“ wird zunehmend zu einem ruinösen Preiskampf.

Um zu überleben, müssen sich Hersteller weiterentwickeln. Sie sind nicht mehr nur ein Hardwareunternehmen; Sie sind ein Softwareunternehmen, das Hardware produziert.

Dieser Wandel wird Servitization genannt: der Übergang vom Verkauf eines physischen Produkts hin zum Verkauf einer Fähigkeit. Es ist der Unterschied zwischen dem Verkauf eines Flugzeugtriebwerks und dem Verkauf von „Power-by-the-Hour“.

Auch wenn die Strategie klar ist, stockt die Umsetzung. Hersteller geraten in die „Fertigungslücke“ – die Kluft zwischen der Erfassung von IoT-Daten und deren tatsächlicher Monetarisierung. Dieser Artikel zeigt, wie Branchenführer diese Lücke schließen, um widerstandsfähige, wiederkehrende Einnahmequellen zu schaffen.

Was ist die „Fertigungslücke“?

Hersteller haben Milliarden in das Internet der Dinge (IoT) investiert. Sie haben Fabriken, Fahrzeuge und Geräte mit Sensoren ausgestattet und so riesige „Digitale Zwillinge“ ihrer physischen Anlagen geschaffen.

Das Problem ist: Sie verfügen über die Daten, können diese aber nicht abrechnen.

Die meisten Hersteller versuchen, ein modernes Servicegeschäft auf einer veralteten Infrastruktur zu betreiben, die für den Versand von Paletten konzipiert wurde. Traditionelle ERPs (Enterprise Resource Planning) sind auf Bestellungen ausgelegt: lineare, einmalige Transaktionen, die über eine SKU identifiziert werden. Sie verstehen keine Streams: kontinuierliche, variable Nutzungsdaten, die von vernetzten Geräten generiert werden.

Versucht man, ein nutzungsbasiertes Abonnement in ein altes ERP-System zu pressen, stößt das System an seine Grenzen. Dies führt zu Umsatzverlusten, Abrechnungsstreitigkeiten und zur Unfähigkeit, flexible Preismodelle einzuführen.

Die Lösung ist, die Lücke zu schließen. Dafür benötigen Sie eine „digitale Lieferkette“ für Umsätze, eine Monetarisierungsplattform, die zwischen der Geräte-Cloud und dem Hauptbuch angesiedelt ist.

Die 3 Stufen der Servitization

Servitization ist kein binärer Schalter, sondern eine Entwicklungskurve. Erfolgreiche Hersteller durchlaufen drei klar definierte Stufen.

Stufe 1: Produktsupport (Reaktiv)

Sie verkaufen das Asset und berechnen Reparaturen im Schadensfall sowie Ersatzteile.

  • Das Modell: Transaktional.
  • Der Wert: Gering. Sie kommunizieren mit dem Kunden nur, wenn etwas kaputtgeht.

Stufe 2: Vernetzte Services (Proaktiv)

Sie nutzen IoT-Daten, um Fernüberwachung und vorausschauende Wartung anzubieten.

  • Das Modell: Wiederkehrendes Abonnement (Pauschalgebühr).
  • Der Wert: Mittel. Sie verhindern Ausfallzeiten und schaffen eine „digitale Bindung“ zum Kunden.
  • Erfolg aus der Praxis: Konecranes hat seine Hebezeuge digitalisiert und bietet Echtzeit-Datenabonnements an. Dadurch konnten sie 100 % mehr Produkt-Tarifpläne einführen und die Zahl der aktiven Abonnenten um 29 % Jahr für Jahr steigern.
  • Case Study lesen: Wie Konecranes vernetztes Equipment monetarisiert

Stufe 3: Equipment-as-a-Service (Prädiktiv)

Sie hören auf, das Asset zu verkaufen, und verkaufen stattdessen das Ergebnis (z. B. Betriebszeit, Druckluft, Energieeinsparungen).

  • Das Modell: Ergebnisorientiert oder Hybrid (Nutzung + Abonnement).
  • Der Wert: Hoch. Sie sind ein strategischer Partner für den Erfolg des Kunden.
  • Erfolg aus der Praxis: Schneider Electric ist vom klassischen Hardwaremodell zur Bereitstellung von digitalen Energiemanagement-Services übergegangen. Sie nutzen IoT-Daten für beratende Analysen und Fernüberwachung und intensivieren so die Kundenbeziehung.

Ein grundlegender Aspekt des Übergangs zu Abonnements ist das Gleichgewicht zwischen technologischer Innovation und Geschäftsmodell-Innovation … Es geht darum, das Kundenerlebnis zu verändern.

Cyril Perducat

EVP Digital Services und IoT, Schneider Electric

Warum herkömmliche ERP-Systeme für die Fabrik der Zukunft versagen

Der Übergang zur Servitization erfordert eine grundlegende Neugestaltung des Backoffice.

1. Datenvolumen (Die „Flut“)

Ein Bestand von 50.000 vernetzten Sensoren generiert täglich Millionen von Nutzungsevents. Herkömmliche ERP-Systeme sind für die auftragszentrierte Verarbeitung optimiert; das Erfassen und Bewerten von Eventmengen in diesem Umfang erfolgt typischerweise über eine spezielle Mediation- und Monetarisierungsschicht.

2. Dynamische Verträge

Im Abonnementmodell ist ein Vertrag ein lebendiges Gebilde. Kunden aktualisieren Firmware, fügen neue Sensoren hinzu oder wechseln während des laufenden Zyklus die Service-Stufe. Altsysteme erfordern manuelle Eingriffe zur Bearbeitung solcher Anpassungen – das zerstört die Margen.

3. Umsatzrealisierung (Die Compliance-Falle)

Variable Nutzung führt zu komplexen Verpflichtungen gemäß ASC 606. Wenn Sie Hardware (bei Versand realisiert), Services (über die Zeit realisiert) und Nutzung (bei Verbrauch realisiert) bündeln, benötigen Sie eine automatisierte Umsatzrealisierungslogik, um die Buchhaltung im Gleichgewicht zu halten.

Ein grundlegender Aspekt des Übergangs zu Abonnements ist das Gleichgewicht zwischen technologischer Innovation und Geschäftsmodell-Innovation … Es geht darum, das Kundenerlebnis zu verändern.

Cyril Perducat

EVP Digital Services und IoT, Schneider Electric

Die Nachhaltigkeitsdividende

Der Übergang zur Servitization erfordert eine grundlegende Neugestaltung des Backoffice.

1. Datenvolumen (Die „Flut“)

Ein Bestand von 50.000 vernetzten Sensoren generiert täglich Millionen von Nutzungsevents. Herkömmliche ERP-Systeme sind für die auftragszentrierte Verarbeitung optimiert; das Erfassen und Bewerten von Eventmengen in diesem Umfang erfolgt typischerweise über eine spezielle Mediation- und Monetarisierungsschicht.

2. Dynamische Verträge

Im Abonnementmodell ist ein Vertrag ein lebendiges Gebilde. Kunden aktualisieren Firmware, fügen neue Sensoren hinzu oder wechseln während des laufenden Zyklus die Service-Stufe. Altsysteme erfordern manuelle Eingriffe zur Bearbeitung solcher Anpassungen – das zerstört die Margen.

3. Umsatzrealisierung (Die Compliance-Falle)

Variable Nutzung führt zu komplexen Verpflichtungen gemäß ASC 606. Wenn Sie Hardware (bei Versand realisiert), Services (über die Zeit realisiert) und Nutzung (bei Verbrauch realisiert) bündeln, benötigen Sie eine automatisierte Umsatzrealisierungslogik, um die Buchhaltung im Gleichgewicht zu halten.

Aufbau Ihrer digitalen Lieferkette

Um die Fertigungslücke zu schließen, müssen Sie einen Technologie-Stack implementieren, der Ihre physische Lieferkette widerspiegelt.

  1. Erfassen: Erfassung von Rohdaten am Edge (AWS IoT, Azure IoT).
  2. Mediieren: Bereinigung, Aggregation und Zuordnung dieser Daten zu einem Kundenkonto.
  3. Monetarisieren: Bewertung der Nutzung und Bündelung mit Abonnements auf einer einzigen Rechnung.

Stoppen Sie das Churn in der Fertigung und beginnen Sie, Umsatz zu generieren

Die Lücke zwischen Hardware und Software schließt sich. Die Gewinner des nächsten Jahrzehnts werden die Unternehmen sein, die es schaffen, die Datenströme zwischen beiden erfolgreich zu monetarisieren.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen Produktsupport und Servitization?

Produktsupport ist reaktiv (Reparatur bei Defekten) und oft ein Kostenfaktor oder eine margenschwache Zusatzleistung. Servitization ist proaktiv (Monetarisierung der Fähigkeit) und verwandelt den Service in eine primäre, margenstarke Einnahmequelle.

Warum gilt „Equipment-as-a-Service“ (EaaS) als wertvoller als Leasing?

Leasing ist ein Finanzierungsinstrument, das sich auf die Kosten des Assets konzentriert. EaaS ist eine Servicebeziehung, die sich auf die Leistung des Assets (Betriebszeit, Performance) fokussiert. EaaS umfasst in der Regel Wartung, Software und Upgrades und bietet dem Kunden ein garantiertes Ergebnis statt nur eine finanzierte Maschine.

Erfordert Servitization eine komplette Neuausrichtung meines ERP?

Nein. Die erfolgreichsten Hersteller setzen auf eine „Two-Speed“-Architektur. Sie behalten ihr bestehendes ERP für die physische Lieferkette (Bestand, Logistik), ergänzen es jedoch um eine spezialisierte Monetarisierungsplattform (wie Zuora), um die schnelle „digitale Lieferkette“ für Abonnements und Nutzungsdaten abzubilden.

Wie ermöglicht IoT-Daten outcome-basierte Preisgestaltung?

Outcome-basierte Preisgestaltung erfordert eine „Single Source of Truth“, der sowohl Anbieter als auch Kunde vertrauen. IoT-Telemetrie liefert diese objektiven Daten (z. B. exakte Betriebsstunden, verbrauchte Energie oder produzierte Einheiten) und ermöglicht so eine verifizierte, leistungsbasierte Abrechnung statt rein auf Schätzungen basierender Modelle.

Welche finanziellen Risiken birgt der Umstieg auf ein Abonnementmodell?

Das Hauptrisiko ist der „Swallow Fish“-Effekt – ein vorübergehender Umsatzrückgang, da große einmalige CapEx-Zahlungen gegen kleinere, wiederkehrende OpEx-Zahlungen getauscht werden. Sobald jedoch die wiederkehrende Basis eine kritische Masse erreicht, werden die Umsätze planbarer, widerstandsfähiger und wertvoller (höhere Bewertungsmultiplikatoren).